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Moskau setzt Getreide-Abkommen aus und macht ukrainische Exporte vorerst unmöglich
Nach Drohnenangriffen auf seine Schwarzmeerflotte hat Russland das Getreide-Abkommen mit der Ukraine ausgesetzt - und damit die Exporte des Nachbarlandes zum Erliegen gebracht. "Exporte sind unmöglich", erklärte der ukrainische Infrastrukturminister Oleksandr Kubrakow. Das internationale Koordinationszentrum (JCC) für Getreideexporte in Istanbul bestätigte, es sei für Sonntag "keine gemeinsame Vereinbarung über die Aus- und Einfahrtsbewegungen von Frachtschiffen" erzielt worden.
Minister Kubrakow erklärte, ein Frachter "mit 40 Tonnen Getreide" an Bord habe die Ukraine am Sonntag mit Ziel Äthiopien verlassen sollen. Aufgrund der russischen Blockade des "Getreide-Korridors" sei dies aber nicht möglich.
Das JCC wiederum erklärte, es sei von Russland über "Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Frachtschiffen" informiert worden und habe diese an die türkischen und ukrainischen Delegationen weitergeleitet. Dem Koordinationszentrum zufolge hatten am Samstag noch neun Frachter den Korridor im Schwarzen Meer passiert. "Mehr als zehn weitere" Schiffe stünden bereit, um ihn "in beide Richtungen" zu durchqueren, hieß es weiter. Dazu kam es aber zunächst nicht.
In dem internationalen Koordinationszentrum überwachen Vertreter der Ukraine und Russlands sowie der Türkei und der UNO die Einhaltung des Abkommens und die sichere Durchfahrt ukrainischer Frachtschiffe auf festgelegten Routen. Das Getreideabkommen war am 22. Juli unter Vermittlung der Türkei und der UNO in Istanbul unterzeichnet worden und galt als zentraler Beitrag zur Milderung der vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten globalen Ernährungskrise.
Das Abkommen sollte eigentlich am 19. November verlängert werden, Russland hatte am Samstag jedoch seine Teilnahme ausgesetzt. Das Verteidigungsministerium in Moskau nannte als Grund dafür einen Angriff auf seine Schwarzmeerflotte auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim. Das Ministerium bezeichnete den Angriff als "Terrorakt".
Moskau beschuldigte Kiew am Sonntag, die "sichere Zone" des Getreide-Korridors für den Angriff genutzt zu haben. Eine Drohne sei möglicherweise "von Bord eines zivilen Schiffes" abgefeuert worden, die "Kiew oder seine westlichen Herren für den Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse gemietet" hätten, spekulierte das russische Verteidigungsministerium unter Verweis auf Untersuchungen nach dem Angriff.
Die russische Armee erklärte ihrerseits, ihre Spezialisten hätten bei den Untersuchungen der Drohnentrümmer Bauteile kanadischer Herstellung gefunden. Zuvor hatte Russland bereits Großbritannien vorgeworfen, britische "Spezialisten" seien sowohl in den Angriff auf die Schwarzmeerflotte als auch auf den "Terrorangriff" auf die deutsch-russischen Erdgas-Pipelines Nord Stream am 26. September verwickelt. Moskau kündigte an, es werde die Angriffe vor dem UN-Sicherheitsrat zum Thema machen. Großbritannien wies die Vorwürfe zurück.
International sorgte Russlands Aussetzung des Abkommens für scharfe Kritik. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte Moskau am Sonntag auf Twitter auf, "die Zusagen an die internationale Gemeinschaft wieder einzuhalten". "Ob Menschen ihre nächste Mahlzeit bezahlen können, darf nicht von Putins Kriegsplänen abhängen."
UN-Generalsekretär Antonio Guterres zeigte sich "zutiefst besorgt" über Russlands Absage an das Getreide-Abkommen. Guterres habe seine Reise zum Treffen der Arabischen Liga in Algiers um einen Tag verschoben, "um sich auf die Angelegenheit zu konzentrieren", erklärte sein Sprecher.
Die Europäische Union drängte Moskau dazu, zum Getreideabkommen zurückzukehren. Russlands Entscheidung "gefährdet die Haupt-Exportroute von dringend benötigten Getreide und Dünger", schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter. "Die EU drängt Russland dazu, seine Entscheidung zurückzunehmen."
US-Präsident Joe Biden nannte die Entscheidung Moskaus vor Journalisten "schlichtweg unerhört". Es gebe "keinen Grund" dafür. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner täglichen Videobotschaft, die russische Entscheidung sei "nicht erst heute getroffen" worden. Es müsse eine "energische internationale Reaktion" geben.
A.Aguiar--PC