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China setzt Vergeltungszölle hoch - EU-Länder beschließen erste Gegenzölle
Börsenkurse auf Talfahrt, besorgte Verbraucher und keine Lösung in Sicht: Die seit Mittwoch geltenden Zusatzzölle der USA auf die Importe dutzender Länder haben erneut Gegenmaßnahmen ausgelöst. Das Finanzministerium in Peking kündigte einen Vergeltungszoll von 84 Prozent auf alle US-Importe an. Die EU-Länder segneten in Brüssel erste Vergeltungszölle auf US-Waren ab - in den kommenden Wochen könnten weitere Gegenmaßnahmen folgen. An den Börsen brachen die Kurse erneut ein.
Am Mittwoch traten zusätzliche US-Zölle in Kraft. Für Einfuhren aus der EU werden nun 20 Prozent Zölle fällig. China trifft es am härtesten, auf chinesische Einfuhren gilt ein Aufschlag von 104 Prozent. Peking setzte daraufhin seine geplanten Vergeltungszölle hoch: Am Donnerstag um 12.01 Uhr (Ortszeit; 06.01 Uhr MESZ) treten laut Finanzministerium Gegenaufschläge von 84 Prozent auf alle US-Importe in Kraft - anstelle der bislang vorgesehenen 34 Prozent. "Die Zolleskalation der USA gegen China (...) verletzt Chinas legitime Rechte und Interessen schwer", erklärte das Finanzministerium.
Trump reagierte zunächst nicht auf die chinesischen Gegenmaßnahmen. Er forderte Unternehmen dazu auf, zur Umgehung von Zöllen Standorte in die USA zu verlagern. "Dies ist ein großartiger Zeitpunkt, um Ihre Firma in die USA zu verlegen, so wie es Apple und so viele andere in Rekordzahl tun", erklärte der Staatschef auf seiner Onlineplattform Truth Social. "Warten Sie nicht, tun Sie es jetzt!"
Seit seinem Amtsantritt im Januar hat Trump zahlreiche Zölle verhängt und angekündigt. Nach der Argumentation des Republikaners wird die Zoll-Offensive die Produktion von Waren in den USA wiederbeleben, indem Unternehmen zum Umzug ihrer Fertigung in das Land gezwungen werden. Viele Experten stellen jedoch infrage, wie schnell das gelingen kann - und ob überhaupt. Sie warnen davor, dass die Inflation erneut angeheizt werden könnte.
In Brüssel beschlossen Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten eine Liste von US-Produkten, die in den kommenden Wochen nach und nach mit Zöllen belegt werden sollen. Darunter sind Entwürfen zufolge einige Stahl- und Textilwaren, Schminke sowie Mais, Sojabohnen und Geflügel.
Mit den nun beschlossenen Zöllen reagiert die EU zunächst auf die US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte, die bereits seit Mitte März gelten. Die EU-Aufschläge betreffen nach Kommissionsangaben Einfuhren aus den USA im Wert von insgesamt rund 21 Milliarden Euro.
Ungarn stimmte nach Diplomatenangaben als einziges EU-Land gegen die Vergeltungszölle. "Eine Eskalation ist nicht die Lösung", erklärte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto im Onlinedienst X. "Der einzige Weg nach vorne sind Verhandlungen, nicht Vergeltung."
Die ersten Zölle sollen bereits ab dem kommenden Dienstag greifen. Das gilt für Aufschläge, welche die EU bereits in Trumps erster Amtszeit als Reaktion auf dessen Zollpolitik eingeführt hatte. Diese betreffen etwa Harley-Davidson-Motorräder und Jeans. Die meisten anderen Zölle werden den Plänen zufolge ab Mitte Mai fällig, einzelne - etwa auf Mandeln - erst im Dezember. Zusätzlich bereitet die EU weitere Maßnahmen vor, mit denen sie auf die weitreichenderen US-Zölle reagieren will.
Die Eskalation in dem Handelskonflikt hat Befürchtungen über eine Rezession ausgelöst. Nachdem die Börsenkurse am Dienstag zunächst vergleichsweise stabil geblieben waren, fielen sie am Mittwoch erneut. Der Deutsche Aktienindex (Dax) in Frankfurt am Main verlor bis zum frühen Nachmittag rund vier Prozent. In Asien gaben die Kurse überwiegend ebenfalls deutlich nach. Der Nikkei-Index an der Tokioter Börse lag zum Handelsschluss fast vier Prozent im Minus.
Italien halbierte wegen der Zollpolitik Trumps seine Wachstumsprognose: Statt mit einem Plus von 1,2 Prozent rechnet die Regierung in Rom nur noch mit einem Plus von 0,6 Prozent, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Regierungskreisen erfuhr. Spanien will seine Wachstumsprognose ebenfalls herabsetzen.
Mit einem Ende der Zollankündigungen ist nicht zu rechnen: Trump hatte am Dienstag angegeben, die USA würden bald Aufschläge auf Arzneimittel erheben.
Der Handelskonflikt nährt Ängste bei chinesischen wie bei US-Verbrauchern. "Ich hoffe, dass sich alle zusammensetzen, versöhnen und reden können und dann die Dinge Schritt für Schritt klären, anstatt sie irrational zu eskalieren", sagte Anwältin Yu Yan in Peking der AFP. In einem Supermarkt in New York sagte Anastasia Nevin, sie sei bereits "im Überlebensmodus": "Ich versuche einfach, mich durchzuschlagen. Das ist hart."
A.Seabra--PC