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Großstreik legt öffentlichen Verkehr in Deutschland lahm
Nichts fährt mehr: Einer der größten Streiks der vergangenen Jahre hat am Montag deutschlandweit den Verkehr lahmgelegt. Die Bahn stellte Fern- und Regionalverkehr ein, in sieben Bundesländern wurde der Nahverkehr bestreikt und an zahlreichen Flughäfen fand kein regulärer Passagierverkehr statt. Auch Häfen und Schiffsschleusen waren betroffen. Zu dem Großstreik aufgerufen hatten die Gewerkschaften EVG und Verdi, um in den aktuellen Tarifrunden Druck aufzubauen. Die Bahn kritisierte das Vorgehen scharf.
Wegen des Tarifkonflikts im öffentlichen Dienst und bei der Bahn hatten die Dienstleistungsgesellschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bundesweit insgesamt rund 350.000 Beschäftigte zu dem eintägigen Warnstreik aufgerufen. Die Gewerkschaften begründeten dies mit unzureichenden Angeboten der Arbeitgeber. Diese warfen ihnen jedoch vor, "völlig überzogen" zu agieren und ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen.
Die EVG sprach in einer ersten Bilanz von einem "großartigen" Verlauf des Streiktags - demnach beteiligten sich an über 800 Standorten zehntausende Kolleginnen und Kollegen an dem Ausstand. "Wir gehen davon aus, dass die Arbeitgeber dieses deutliche Signal verstanden haben und jetzt endlich Angebote vorlegen, über die man verhandeln kann", erklärte EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay. Die große Streikbereitschaft zeige, "wie wütend alle angesichts der Verweigerungshaltung der Arbeitgeber sind".
Streiks rund um Ostern schloss die EVG aber aus. Was dann nach den Osterfeiertagen passiere, sei auch von der Reaktion der Arbeitgeber abhängig. Vor der nächsten geplanten Verhandlungsrunde mit der Deutschen Bahn am 24. und 25. April müsse ein "verhandlungsfähiges Angebot" auf den Tisch, forderte Verhandlungsführer Kristian Loroch. Er schloss nicht generell aus, dass es im Vorfeld dieser Verhandlungsrunde zu weiteren Warnstreiks kommen könnte. An dem Termin Ende April will die Gewerkschaft festhalten.
Das wiederum kritisierte die Bahn scharf. "Es ist sehr befremdlich, dass man heute streikt und erst in fünf Wochen bereit ist, wieder mit uns zu verhandeln", sagte Bahn-Sprecher Achim Stauß. Der "Megastreik" der EVG lege das Land lahm und sei "überzogen und übertrieben". Nicht jeder könne vom Homeoffice aus arbeiten. Nachteile hätten zudem tausende Unternehmen, die ihre Güter auf der Schiene empfangen oder versenden.
Ein Angebot der Bahn an die Gewerkschaft liege auf dem Tisch, fuhr der Bahnsprecher fort. Natürlich gingen die Vorstellungen "noch auseinander". Aber es sei ja das Ziel von Verhandlungen, sich anzunähern. Die Bahn rief dazu auf, Reisen wenn möglich zu verschieben und verwies auf ihre Kulanzregeln für gebuchte Tickets.
Die EVG verhandelt derzeit mit der Bahn und rund 50 weiteren Unternehmen. Sie fordert bei einer Laufzeit von einem Jahr Lohnerhöhungen von insgesamt zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro als "soziale Komponente". Verdi ging am Montag in Potsdam in die dritte Runde der Tarifverhandlungen für rund 2,4 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Die Gewerkschaft fordert 10,5 Prozent und monatlich mindestens 500 Euro mehr Gehalt. Landesweit waren begleitend zu den Streiks am Montag dutzende Demonstrationen angemeldet.
Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth, sprach in der "Wirtschaftswoche" von einem "schwierigen Tag" für den Einzelhandel. Nicht nur Firmen in Bahnhöfen und an Flughäfen dürften die Auswirkungen spüren, sondern auch die Innenstädte, wohin viele Menschen gewöhnlich mit dem Nahverkehr zum Shoppen fahren würden.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, die Tarifautonomie sei ein "hohes Gut". Es sei das "gute Recht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land, sich für ihre Belange auch einzusetzen", sagte er. Wichtig sei, sich zu einer "gütlichen Einigung möglichst bald" zusammenzufinden. Das aber sei Sache der Tarifparteien.
Die Linke äußerte ebenfalls Verständnis für den Streik. Der Ausstand "tut weh", sei aber "gerechtfertigt", sagte Bundesgeschäftsführer Tobias Bank. Die Streiks seien Ausdruck der "Empörung und auch Hilflosigkeit vieler Familien", fuhr er fort. Die Arbeitgeber seien daher aufgefordert, "vernünftige Angebote vorzulegen".
J.Oliveira--PC