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Bundesarbeitsgericht billigt unterschiedlich hohe Zuschläge für Nachtarbeit
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat mehrere Klagen gegen unterschiedliche Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit abgewiesen. Die Ungleichbehandlung ist zulässig, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt, wie das Gericht am Mittwoch entschied. Ein solcher Grund kann danach sein, dass damit die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes in unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden soll. (Az: 10 AZR 332/20, 10 AZR 397/20 und weitere)
Konkret wies das BAG zwei Klagen gegen Coca-Cola in Berlin, eine gegen Nestlé in Hamburg sowie zwei weitere Klagen aus der Milchwirtschaft ab. In allen Fällen ergebe eine Auslegung der Tarifverträge, dass mit dem höheren Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit auch "die zusätzlichen Belastungen durch die fehlende Planbarkeit solcher Arbeitseinsätze ausgeglichen werden sollen".
Die Klägerin im Leitfall arbeitet bei Coca-Cola in Berlin. Nach dem dort geltenden Tarifvertrag der Erfrischungsgetränke-Industrie Berlin und Region Ost betrug der Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit in Schichten 20 Prozent, für unregelmäßige Nachtarbeit 50 Prozent.
Im Streitzeitraum Dezember 2018 bis Juni 2019 hatte die Klägerin nur regelmäßige Nachtarbeit im regulären Schichtdienst geleistet. Dennoch verlangte sie den höheren Zuschlag von 50 Prozent. Die Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt und daher gleichheitswidrig.
Dem ist das BAG nun nicht gefolgt. Bereits 2018 hatten die Erfurter Richter festgestellt, dass nach der bisherigen medizinischen Forschung die gesundheitliche Beeinträchtigung durch unregelmäßige Nachtarbeit nicht höher ist als bei regelmäßigen Nachtschichten. Im Dezember 2020 urteilten die Erfurter Richter aber, dass ein Lohnunterschied gerechtfertigt sein kann, wenn dieser ausdrücklich auch die Beeinträchtigung des Soziallebens der Beschäftigten abgelten soll.
Dies hat das BAG nun bekräftigt. Nach dem hier einschlägigen Tarif solle der Nachtzuschlag zunächst die mit der Nachtarbeit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen abgelten. Der höhere Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit solle aber zudem auch die schlechtere Planbarkeit dieser Arbeitseinsätze ausgleichen.
Den Tarifvertragsparteien sei es nicht verwehrt, mit den Zuschlägen "neben dem Schutz der Gesundheit weitere Zwecke zu verfolgen", betonten die Erfurter Richter. Ob der Unterschied der Höhe nach angemessen ist, liege "im Ermessen der Tarifvertragsparteien" und sei daher von den Gerichten nicht zu prüfen.
Abgeschlossen hatte diesen Tarifvertrag die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Nach deren Angaben sind inzwischen 6000 vergleichbare Klagen von NGG-Mitgliedern vor den Arbeitsgerichten anhängig. Der Streitwert summiere sich auf über 50 Millionen Euro.
Mehrere hundert Verfahren liegen allein beim BAG. Nach Angaben des Gerichts betreffen allein diese Verfahren etwa 30 verschiedene Tarifverträge. Weitere sieben Fälle hat das BAG für den 22. März terminiert. Im Juli 2022 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg erklärt, dass solche Fälle allein nach deutschem Recht zu entscheiden sind.
F.Moura--PC