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Meisterkusen statt Vizekusen: Bayer verwandelt Matchball
Der Fluch ist gebannt - und "Vizekusen" endgültig Geschichte: Die Überflieger von Bayer Leverkusen haben ihre einzigartige Fabelsaison mit der ersten deutschen Meisterschaft der Vereinshistorie gekrönt. Die Unbesiegbaren von Trainer Xabi Alonso verwandelten beim 5:0 (1:0) gegen Werder Bremen bereits am 29. Spieltag gleich den ersten Meister-Matchball und bescherten dem Werksklub nach Jahrzehnten vergeblicher Versuche, nach Pleiten, Tragödien und fünf Vize-Meisterschaften die ersehnte Erlösung.
Startelf-Rückkehrer Victor Boniface (25., Foulelfmeter nach Videobeweis), Granit Xhaka (60.) und der eingewechselte Florian Wirtz mit einem Dreierpack (68./83./90.) schossen Bayer bei noch fünf ausstehenden Spielen in den siebten Fußball-Himmel. Schon nach dem Tor zum 4:0 stürmten die ersten Fans den Rasen, wurden von den eigenen Spielern aber sofort zurück hinter die Bande geschickt.
Leverkusen stellte durch das 43. Pflichtspiel in Folge ohne Niederlage nicht nur den europäischen Rekord von Juventus Turin aus den Jahren 2011 bis 2012 ein, die Werkself durchbrach nach elf Meisterschaften die Dominanz von Rekordchampion Bayern München. Erstmals seit Borussia Dortmund 2012 sicherte sich wieder ein anderer Klub die Schale.
Schon auf dem Weg zum Stadion musste sich der Teambus durch eine gewaltige Menschenmenge kämpfen. Auch in Kneipen und an Kiosken dominierten die Farben Rot und Schwarz, überall waren Fahnen und roter Rauch zu sehen, dazu konnten sich die Fans bereits vor dem Anpfiff mit Meister-Fanartikeln eindecken. Das Straßenschild der Bismarckstraße war vor der Arena überklebt worden - der Weg hieß am Sonntag kurzerhand "Xabi-Alonso-Allee". Auf der Tribüne fieberten Klub-Legenden wie Reiner Calmund oder Rudi Völler mit.
Und sie sahen eine Bayer-Startelf, die im Vergleich zum Viertelfinal-Hinspiel der Europa League gegen West Ham United (2:0) kräftig durchgemischt wurde. Alonso verzichtete etwa auf Nationalspieler Wirtz, Alejandro Grimaldo, Jeremie Frimpong, Patrik Schick und Exequiel Palacios, insgesamt nahm er sieben Wechsel vor. Vor dem Rückspiel in London am Donnerstag sparten sie zunächst Kräfte.
Zu Beginn wirkte Leverkusen aber etwas nervös. Ein Abschluss von Piero Hincapie (8.) sorgte für Gefahr, ansonsten leistete sich die Werkself gegen engagierte Bremer den einen oder anderen schlampigen Pass. Erst als Jonas Hofmann gefoult wurde und der Schiedsrichter nach Videobeweis auf Elfmeter entschied, nahm Bayer Fahrt auf. Boniface, der nach langer Verletzungpause wieder startete, verwandelte sicher.
Spieler und Trainer bei Bayer hatten den Bayern und dem VfB Stuttgart am Vortag noch fleißig die Daumen gedrückt, um eine Sofa-Meisterschaft zu verhindern. Alonso erklärte im Vorfeld gar, auch für eine mögliche Bierdusche werde er bereit sein. Zunächst verpassten Jonas Hofmann (35.) und Amine Adli mit einem Lattenschuss (38.) aber den zweiten Treffer.
Zur zweiten Halbzeit kam Wirtz, der nach etwas Anlaufzeit seinen ersten Warnschuss abgab (58.). Xhaka schlenzte den Ball kurz darauf aber sehenswert ins Tor - und zündete die nächste Stufe der großen Titelparty. "Deutscher Meister wird nur der SVB", sangen die Fans, die Schlussphase, in der Wirtz mit einem Traumtor aus der Distanz erhöhte, entwickelte sich zu einem Schaulaufen. Kurz vor Schluss gelang Wirtz der nächste Streich.
In 120 Jahren Vereinsgeschichte hatte Bayer bislang nur zwei Titel gewonnen, in dieser Saison könnte es gleich das Triple werden. Als haushoher Favorit geht Leverkusen ins DFB-Pokalfinale gegen den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern (25. Mai), zudem besitzt Alonsos Team vor dem Rückspiel in der Europa League bei West Ham (Hinspiel 2:0) beste Chancen auf die nächste Runde.
P.Mira--PC