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Sei Lankas Präsident Rajapaksa kündigt nach Erstürmung seiner Residenz Rücktritt an
Nach der Eskalation der Proteste in Sri Lanka blickt das Land einer ungewissen Zukunft entgegen. Präsident Gotabaya Rajapaksa floh aus der Hauptstadt und kündigte seinen Rücktritt an, nachdem hunderte Demonstranten seine Residenz gestürmt hatten. Auch Regierungschef Ranil Wickremesinghe, dessen Residenz von wütenden Demonstranten in Brand gesetzt wurde, bot seinen Rücktritt an. Die USA riefen die politische Führung in Sri Lanka auf, schnellstmöglich eine Rückkehr zur wirtschaftlichen Stabilität herbeizuführen.
Sicherheitskräfte konnten den Staatschef nach Angaben aus Sicherheitskreisen am Samstag kurz vor der Erstürmung des Präsidentenpalastes in Sicherheit bringen. Später verkündete Parlamentspräsident Mahinda Abeywardana, Rajapaksa habe sich bereiterklärt, am kommenden Mittwoch zurückzutreten. Der Staatschef wurde nach der Flucht aus seiner Residenz auf ein Marineschiff gebracht, das in die Hoheitsgewässer südlich der Insel fuhr.
Regierungschef Wickremesinghe, der im Fall eines Rücktritts des Präsidenten dessen Aufgaben übernehmen würde, bot in einer Sondersitzung der Regierung mit Oppositionspolitikern seinen Rücktritt an. Um "die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten", sei Wickremesinghe bereit, den Weg für eine neue Einheitsregierung frei zu machen, erklärte sein Büro.
Die Wut der Demonstranten konnte er damit aber offenbar nicht besänftigen: Am Nachmittag drang eine Menschenmenge auch in Wickremesinghes Privatresidenz ein und setzte diese in Brand, wie das Büro des Ministerpräsidenten mitteilte. Auf Bildern in Online-Netzwerken war eine Menschenmenge zu sehen, die den Brand bejubelte.
Die USA riefen zu einer Deeskalation der Lage auf. "Wir fordern diese Regierung oder jede neue, verfassungsmäßig gewählte Regierung auf, schnell Lösungen zu finden und umzusetzen, um eine langfristige wirtschaftliche Stabilität zu erreichen", sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Sonntag.
Die politische Führung müsse auf die "Unzufriedenheit" der Bürger angesichts der Wirtschaftskrise und der Strom-, Lebensmittel- und Treibstoffknappheit reagieren. Das Parlament rief der Ministeriumssprecher auf, sich "dem Wohl der Nation zu widmen - und nicht einer bestimmten politischen Partei".
In Sri Lanka gibt es wegen der katastrophalen Wirtschaftslage seit Wochen Massenproteste. Am Samstagvormittag hatten sich nach Angaben der Polizei hunderttausende Menschen an Rajapaksas Amtssitz versammelt. Auf Fernsehaufnahmen war zu sehen, wie hunderte von ihnen über den Zaun des Präsidentenpalastes kletterten. Soldaten schossen nach Angaben aus Verteidigungskreisen in die Luft, um die Menschenmenge zurückzudrängen, bis Rajapaksa in Sicherheit war.
Im Anschluss schlenderten die Demonstranten offenbar relativ ungehindert durch den Palast. Auf Live-Videos in Onlinenetzwerken war zu sehen, wie einige im Swimmingpool des Präsidenten planschten. Auch in das nahe gelegene Präsidialamt, vor dem bereits seit drei Monaten Demonstranten kampieren, drangen Menschen ein.
Die Behörden hatten am Freitag eine Ausgangssperre verhängt, um die Proteste am Samstag zu verhindern. Auf Druck von Oppositionsparteien, Anwälten und Menschenrechtsaktivisten wurde die Anordnung jedoch wieder aufgehoben. Sie war von den Demonstranten ohnehin weitgehend ignoriert worden. Rund 20.000 Soldaten und Polizisten wurden nach Behördenangaben zum Schutz des Präsidenten nach Colombo entsandt.
In Colombos größtes Krankenhaus wurden drei Menschen mit Schussverletzungen eingeliefert. 36 weitere wurden nach Krankenhausangaben wegen Atembeschwerden nach dem Einsatz von Tränengas behandelt.
Wegen der schweren Wirtschaftskrise ist die Regierung ist nicht mehr in der Lage, die wichtigsten Importe wie Lebensmittel, Treibstoff und Medikamente zu finanzieren. Inzwischen hat Sri Lanka den Internationalen Währungsfonds (IWF) und Russland um Hilfe gebeten.
Im Mai waren Massenproteste gegen die Regierung erstmals eskaliert. Neun Menschen wurden getötet und hunderte weitere verletzt. Die Regierung von Mahnda Rajapaksa trat daraufhin zurück. Der Bruder des zurückgetretenen Regierungschefs, Präsident Gotabaya Rajapaksa, blieb hingegen im Amt.
Ein wesentlicher Auslöser der schwersten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit des südasiatischen Landes im Jahr 1948 war der Einbruch des internationalen Tourismus infolge der Corona-Pandemie. Der Regierung wurde außerdem Misswirtschaft vorgeworfen.
A.Motta--PC