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Scholz will sich bei EU-Gipfel für Beitrittsperspektive für Ukraine einsetzen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will sich beim EU-Gipfel in der kommenden Woche für eine klare Beitrittsperspektive der Ukraine einsetzen. "Jetzt geht es darum, dass wir die Solidarität auch mit einer Perspektive verbinden, mit einer Aussicht", sagte Scholz am Samstag in einer Videobotschaft. Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), warnte jedoch vor einer überstürzten EU-Aufnahme der Ukraine.
Der Bundeskanzler betonte: "Viele kämpfen in der Ukraine für Freiheit und Demokratie, sie wollen wissen, dass das nach Europa führt." Daher werde er versuchen, im Europäischen Rat am kommenden Donnerstag Einstimmigkeit in Bezug auf den Status der Ukraine als Beitrittskandidat zu erreichen, kündigte Scholz in seinem ersten Beitrag für das neue Internet-Format "Kanzler kompakt" an.
Die EU-Kommission hatte sich am Freitag offiziell dafür ausgesprochen, der Ukraine diesen Status einzuräumen. Die 27 EU-Staaten müssen dies nun einstimmig billigen. Für den Kandidatenstatus der Ukraine hatte sich Scholz bereits am Donnerstag bei seinem Besuch in Kiew gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Rumäniens Präsident Klaus Iohannis stark gemacht.
Selenskyj begrüßte das grüne Licht der EU-Kommission als "historischen Erfolg für alle, die für unseren Staat arbeiten". In seiner abendlichen Videoansprache betonte Selenskyj am Freitag: "Die Ukraine verdient diese guten Nachrichten". Die Annäherung seines Landes an die Europäische Union sei darüber hinaus "nicht nur positiv für uns". Sie sei "der größte Beitrag zu Europas Zukunft seit vielen Jahren".
Sollte die Ukraine den Kandidatenstatus erhalten, wäre dies ein erster Schritt in einem langen Verfahren, das zudem keine Erfolgsgarantien bietet. Die Türkei etwa hat seit 1999 Kandidatenstatus. Das Balkanland Nordmazedonien ist seit 2005 Beitrittskandidat, auf konkrete Verhandlungen wartet Skopje noch immer.
"Überstürzte Beitritte darf es nicht geben", unterstrich die SPD-Politikerin Barley. "Wer einmal in der EU ist, kann nicht ausgeschlossen werden." Kiew müsse daher alle Beitrittskriterien "voll und ganz" erfüllen.
Als Negativbeispiel nannte Barley im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" das 2004 der EU beigetretene Ungarn, das die Rechtsstaatlichkeit "systematisch" aushöhle. Eine Verleihung des Kandidatenstatus' für die Ukraine begrüße sie aber ausdrücklich, betonte die Vizepräsidentin des Europaparlaments.
Derweil gingen die russischen Angriffe im ostukrainischen Donbass unvermindert weiter. Die Schlacht um die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk werde mittlerweile zunehmend in den umliegenden Dörfern ausgetragen, erklärte der Regionalgouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj. "Unsere Verteidiger kämpfen in allen Richtungen gegen die Russen."
Nach seinen Angaben steht das Stadtgebiet von Sjewjerodonezk weiterhin nicht unter vollständiger russischer Kontrolle. Für die Menschen im benachbarten Lyssytschansk werde die Lage unterdessen immer gefährlicher: Da es den russischen Truppen nicht gelinge vorzurücken, "beschießen sie die Stadt einfach aus der Luft", erklärte Hajdaj.
Das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) hatte am Freitag mitgeteilt, Sjewjerodonezk habe kaum noch Zugang zu sauberem Wasser, Nahrungsmitteln und Strom. Die humanitäre Lage in vielen Teilen der Ostukraine sei "extrem alarmierend".
Selenskyj reiste trotz der Kämpfe am Samstag in den Süden des Landes. Ein Video zeigte ihn bei einem Besuch in Mykolajiw. Die Stadt steht unter ukrainischer Kontrolle, ist aber ein wichtiges Ziel Moskaus. Die Einnahme von Mykolajiw würden den russischen Truppen den Weg nach Odessa, der wichtigsten ukrainischen Hafenstadt, freimachen.
V.F.Barreira--PC