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Kämpfe in Syrien nähern sich wichtiger Stadt Hama - mehr als 50.000 Vertriebene
Die sich ausweitenden Kämpfe zwischen von Dschihadisten angeführten Rebellen und der syrischen Armee haben UN-Angaben zufolge in den vergangenen Tagen fast 50.000 Menschen in die Flucht getrieben. Der Leiter des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (Ocha), Tom Fletcher, nannte die Situation "besorgniserregend", die Kämpfe bewegten sich am Dienstag auf die wichtige Stadt Hama zu. International mehrten sich die Forderungen nach einer Deeskalation.
Laut Ocha befanden sich am vergangenen Samstag mehr als 48.500 Menschen auf der Flucht, wenige Tage zuvor waren es nur 14.000 gewesen. Unter den Vertriebenen sind auch tausende syrische Kurden. Bilder der Nachrichtenagentur AFP zeigten lange Schlangen von mit Matratzen und Decken beladenen Fahrzeugen, die sich auf einer Autobahn in Richtung Osten bewegten.
Am vergangenen Mittwoch hatten die Dschihadistengruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und verbündete Rebellengruppen im Norden Syriens eine überraschende Großoffensive gegen die Regierungstruppen gestartet. Dabei gelang es ihnen neben zahlreichen Ortschaften auch die Millionenstadt Aleppo nahezu vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. HTS ist aus der Al-Nusra-Front, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, hervorgegangen, hat nach eigenen Angaben aber seit 2016 keine Verbindungen mehr zu Al-Kaida.
Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bislang 514 Menschen getötet, darunter 92 Zivilisten. Die Organisation mit Sitz in Großbritannien bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.
In Aleppo patrouillierten bewaffnete Rebellen in den Straßen, nahe der historischen Zitadelle und bezogen Stellungen am internationalen Flughafen, wie AFP-Journalisten berichteten. In der Stadt Idlib, die als Reaktion auf die Offensive von der syrischen und russischen Luftwaffe bombardiert worden war, durchsuchten Helfer die Trümmer von Gebäuden.
Unterdessen bewegten sich die Kämpfe auch auf die strategisch wichtige Stadt Hama zu. Wie die Syrische Beobachtungsstelle mitteilte, kam es im Norden der Provinz Hama zu "heftigen Zusammenstößen", wobei die dschihadistischen Kämpfer auf weitaus größeren Widerstand als in Aleppo getroffen seien. Ein Fotograf der AFP sah Dutzende verlassene Panzer und Militärfahrzeuge der syrischen Armee auf der Straße nach Hama.
Ein Kämpfer der Rebellen sagte der AFP: "Wir rücken nach Hama vor, nachdem wir die Ortschaften, die nach Hama führen, gesäubert haben." Bereits am Montag war Hama mit Raketenwerfern beschossen worden, wobei nach Angaben der Beobachtungsstelle sechs Zivilisten getötet wurden.
Hama im westlichen Zentrum von Syrien liegt auf einer Verbindungsstraße zwischen Aleppo im Norden des Landes und der Hauptstadt Damaskus. Zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 war die viertgrößte Stadt des Landes eine Bastion der Opposition gegen Machthaber Baschar al-Assad und Schauplatz häufiger Massenproteste.
Angesichts der Wiederaufnahme der Kämpfe in dem Bürgerkriegsland mehrten sich internationale Forderungen nach einer Deeskalation: UN-Generalsekretär António Guterres forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe, auch die USA rief "alle Länder" dazu auf, sich für eine Deeskalation einzusetzen. Ähnlich äußerte sich die Europäische Union. Zudem verurteilte sie die Angriffe Russlands auf "dichtbesiedelte Zonen".
Moskau unterstützt die syrische Regierung von Machthaber Assad und hatte in der vergangenen Woche erstmals seit 2016 wieder Luftangriffe auf Aleppo geflogen. Auch an anderen Angriffen der vergangenen Tage war die russische Luftwaffe beteiligt.
Der syrische Bürgerkrieg hatte 2011 begonnen, nachdem Assad Proteste gegen die Regierung mit Gewalt niederschlagen ließ. Eine halbe Million Menschen wurden getötet und Millionen weitere vertrieben. Zuletzt war der Konflikt auch infolge einer von Russland und der Türkei im Jahr 2020 vermittelten Waffenruhe weitgehend eingefroren gewesen.
Aufgrund des erneuten Gewaltausbruchs kommt der UN-Sicherheitsrat am Dienstag zu einer Sondersitzung zur Lage in Syrien zusammen. Die Sitzung war von der Regierung in Damaskus beantragt worden, die dafür die Unterstützung dreier afrikanischer Staaten erhielt, wie Diplomaten in New York mitteilten.
Der UN-Menschenrechtskommissar, Volker Türk, äußerte sich "extrem besorgt" über die Situation in dem Bürgerkriegsland. Die Gewalt führe nicht nur zu zivilen Opfern, sondern zerstöre auch Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie Lebensmittelmärkte, erklärte er.
Laut Syriens Machthaber Assad zielt die "terroristische Eskalation" darauf ab, "die Landkarte im Einklang mit den Zielen der Vereinigten Staaten und des Westens neu zu gestalten". Das sagte er in einem Telefonat mit dem iranischen Präsidenten Massud Peseschkian. Dieser sicherte dem syrischen Machthaber ebenso wie auch Russlands Präsident Wladimir Putin "bedingungslose" Unterstützung zu.
P.Sousa--PC