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Scholz erntet für Putin-Telefonat Kritik aus der Ukraine und von der Opposition
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat für sein Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht nur aus der Ukraine, sondern auch im eigenen Land scharfe Kritik geerntet. Scholz habe die "Büchse der Pandora" geöffnet und Putin das gegeben, was er wolle, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitagabend in Onlinenetzwerken. Der Unions-Außenpolitiker Jürgen Hardt warf dem Kanzler vor, Putin zu einem "Propaganda-Erfolg" verholfen zu haben.
"Das ist genau das, was Putin seit langem will: Es ist extrem wichtig für ihn, seine Isolation zu schwächen", erklärte Selenskyj. Er bestätigte aber, dass Scholz ihn vorab über das Telefonat informiert habe.
Das Außenministerium in Kiew erklärte, nötig im Umgang mit Putin seien "konkrete und starke Aktionen, die ihn zum Frieden zwingen, und nicht Überzeugungsarbeit und Appeasement-Versuche, die er als Zeichen der Schwäche sieht und zu seinem Vorteil nutzt".
Nicht minder vehement war in Deutschland die Kritik der Union an dem Telefonat. Der CDU-Politiker Hardt sagte im Deutschlandfunk, Putin verstehe den Anruf des Kanzlers "eher als Zeichen der Schwäche denn als Stärke". Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag warf Scholz vor, Putin aus innenpolitischen Gründen zu einem "Propaganda-Erfolg" verholfen zu haben.
Auch der CDU-Politiker Johann Wadephul kritisierte, der Kanzler habe das Telefonat lediglich aus innenpolitischen Gründen geführt. Scholz sei es "mehr um PR als um den Schutz der Ukraine" gegangen, sagte der Vizevorsitzende der Unionsfraktion der Nachrichtenagentur AFP.
Scholz hatte am Freitagnachmittag erstmals seit fast zwei Jahren mit Putin telefoniert und nach eigenen Angaben den Kreml-Chef dabei aufgefordert, "seine Truppen zurückzuziehen" und sich zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit zu zeigen.
Laut Regierungssprecher Steffen Hebestreit unterstrich Scholz in dem Gespräch die "unverbrüchliche Entschlossenheit Deutschlands, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Aggression so lange wie nötig zu unterstützen". Der Kanzler machte laut Regierungskreisen zudem deutlich, dass mit der Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Russland für Kampfeinsätze gegen die Ukraine eine gravierende Ausweitung des Konflikts verbunden sei.
Scholz und Putin hatten zuletzt am 2. Dezember 2022 miteinander telefoniert. Gut neun Monate zuvor hatte Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet.
Putin pochte laut dem Kreml in dem Telefonat darauf, dass ein mögliches Abkommen mit der Ukraine die "neuen territorialen Realitäten" widerspiegeln müsse. Zu den Vorbedingungen Moskaus für Verhandlungen gehört unter anderem, dass die Ukraine vier ihrer südlichen und östlichen Regionen aufgibt, die Russland für annektiert erklärt hatte, ohne sie vollständig zu kontrollieren. Kiew lehnt dies entschieden ab.
In einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" betonte Scholz erneut, keinen "Diktatfrieden" für die Ukraine akzeptieren zu wollen. "Es wird nichts über die Ukraine ohne die Ukraine entschieden", sagte er. Das habe er Selenskyj immer wieder versichert.
Auf die Frage, warum sich der Kreml-Chef auf Verhandlungen einlassen sollte, sagte Scholz: "Ich bin nicht sicher, ob Spekulationen über das, was im Kopf Putins vorgeht, uns weiterführen." Das müsse nun herausgefunden werden - "auch indem wir mit ihm darüber sprechen".
Indes betonte Selenskyj in einem Interview im ukrainischen Radio, den Krieg im kommenden Jahr "mit diplomatischen Mitteln" beenden zu wollen. Allerdings wolle Putin "überhaupt keinen Frieden", sagte Selenskyj auch.
"Unsererseits müssen wir alles tun, damit dieser Krieg nächstes Jahr endet", betonte der ukrainische Präsident. Auf die Frage nach Vorbedingungen für Verhandlungen mit Moskau sagte Selenskyj, solche Gespräche seien nur möglich, wenn die Ukraine dabei "nicht allein mit Russland" sei. "Wenn wir nur mit Putin reden, nur mit einem Mörder" und die Ukraine vorher nicht "gestärkt" werde, könne sie in solchen Verhandlungen nur "verlieren".
Nach Einschätzung der G7-Staaten hängt ein Frieden in der Ukraine derzeit einzig und allein von Russland ab. "Russland bleibt das einzige Hindernis für einen gerechten und dauerhaften Frieden", erklärten die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Italien, Frankreich, Kanada, den USA, Japan und Großbritannien anlässlich von 1000 Tagen Krieg in der Ukraine. Weiter versicherten die sieben Staaten, vereint an der Seite Kiews zu stehen.
Russland hatte seinen Großangriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 begonnen. In den vergangenen Monaten war die Ukraine durch Gebietsverluste und einen Mangel an Rüstungsgütern und Soldaten immer stärker unter Druck geraten. Vor allem in der Ostukraine rückten die russischen Truppen stetig vor und näherten sich wichtigen Zentren wie Pokrowsk und Kurachowe.
A.Santos--PC