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Ukrainische Soldaten nach Evakuierung aus Asow-Stahlwerk in russischer Gefangenschaft
Nach wochenlanger Belagerung durch die russische Armee haben mehr als 260 ukrainische Soldaten das Asow-Stahlwerk in Mariupol verlassen. Die Kämpfer hätten sich "ergeben" und seien gefangen genommen worden, erklärte Russland am Dienstag, während die Ukraine von einer "Evakuierung" sprach und einen baldigen Gefangenenaustausch ankündigte. Das ukrainische Verteidigungsministerium räumte ein, dass die Armee ihre letzte Bastion in Mariupol nicht länger verteidigen könne.
Das russische Verteidigungsministerium teilte am Dienstag mit, 265 ukrainische Kämpfer hätten binnen 24 Stunden ihre Waffen niedergelegt. Sie befänden sich nun in russischer Gefangenschaft. 51 Soldaten seien mit schweren Verletzungen zur Behandlung nach Nowoasowsk gebracht worden.
Das ukrainische Verteidigungsministerium hatte am Montagabend mitgeteilt, 264 Soldaten seien aus dem Stahlwerk evakuiert und in russisch kontrolliertes Gebiet gebracht worden, unter ihnen 53 Schwerverletzte. Die Bemühungen zur Evakuierung der verbliebenen Soldaten würden fortgesetzt, teilte das Ministerium mit.
Der ukrainische Militärgeheimdienst kündigte an, es solle ein Gefangenenaustausch organisiert werden, um "diese ukrainischen Helden so schnell wie möglich nach Hause zu bringen". Nach Angaben der stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk geht es dabei aber nur um die "schwerverletzten Soldaten". Seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar haben Kiew und Moskau bereits mehrere Gefangenenaustausche vorgenommen.
"Wir hoffen, dass wir das Leben unserer Jungs retten können", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montagabend in einer Videobotschaft. "Ich möchte unterstreichen: Die Ukraine braucht ihre ukrainischen Helden lebend."
Das Asow-Stahlwerk ist die letzte Bastion der ukrainischen Armee in der strategisch wichtigen Hafenstadt. In den vergangenen Wochen waren zunächst hunderte Zivilisten aus dem riesigen Industriekomplex in Sicherheit gebracht worden. In der vergangenen Woche teilten die ukrainischen Behörden mit, es hielten sich noch rund tausend ukrainische Soldaten, darunter 600 Verletzte, in den Tunnelsystemen auf dem Werksgelände auf.
Der Generalstab der ukrainischen Armee erklärte in der Nacht zum Dienstag, die Soldaten hätten "ihren Kampfauftrag erfüllt". Die Regierung werde "alle notwendigen Rettungsmaßnahmen" zur Befreiung der verbliebenen "Verteidiger" auf dem Gelände von Asow-Stahl ergreifen, erklärte das Verteidigungsministerium und räumte indirekt die Aufgabe des Stahlwerks in Mariupol ein. Die Armee könne "die Blockade von Asow-Stahl leider nicht mit militärischen Mitteln aufheben".
Die vollständige Einnahme der seit Anfang März von Moskaus Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol wäre für Russland ein wichtiger strategischer Erfolg. Er würde es der russischen Armee ermöglichen, eine Landverbindung zwischen den prorussischen Gebieten in der Ostukraine und der annektierten Halbinsel Krim herzustellen.
Dem ukrainischen Generalstab zufolge hatte der erbitterte Widerstand der Soldaten in Mariupol den Vormarsch der russischen Streitkräfte auf die Großstadt Saporischschja, die sich nach wie vor in ukrainischer Hand befindet, entscheidend verlangsamt.
Russland setzte seinen Beschuss in der Nacht zu Dienstag im ganzen Land fort. In den frühen Morgenstunden waren vielerorts Luftsirenen zu hören. Ein Sprecher der Militärverwaltung in der westukrainischen Stadt Lwiw erklärte, an der Grenze zu Polen sei militärische Infrastruktur getroffen worden.
Auch aus Odessa und Mykolajiw im Süden des Landes meldete die ukrainische Armee Beschuss. Sie beschuldigte die russischen Streitkräfte auf Facebook, im Zentrum von Mykolajiw wahllos Streumunition eingesetzt zu haben.
Am Montag war es den ukrainischen Truppen nach Angaben Kiews nach einer Gegenoffensive gelungen, die Gebiete nördlich der Millionenstadt Charkiw im Nordosten des Landes zurückzuerobern. Russland zog demnach seine Einheiten aus der Region ab und verlegte sie für eine neue Offensive Richtung Luhansk in den Donbass.
J.V.Jacinto--PC