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35 Jahre Friedliche Revolution: Scholz mahnt zu Verteidigung von Demokratie
Zum 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Verteidigung der Demokratie aufgerufen. "Der Kampf um Demokratie muss der tägliche Kampf gegen den Spruch sein: 'Man kann sowieso nichts machen'", sagte Scholz am Mittwoch bei einem Festakt in Leipzig. Mit der gemeinsamen Feierstunde der Stadt Leipzig und der sächsischen Landesregierung wurde an den 9. Oktober 1989 erinnert, der als entscheidendes Datum im Wendeherbst gilt.
Damals stellten sich in Leipzig rund 70.000 Menschen mit den Rufen "Keine Gewalt" und "Wir sind das Volk" den Sicherheitskräften entgegen. Das waren so viele wie nie zuvor. Polizei und Armee griffen nicht ein. Vier Wochen später fiel die Mauer, nachdem es auch in anderen Städten der DDR Massenproteste gegeben hatte.
Scholz würdigte den Mut der Demonstrantinnen und Demonstranten von damals. "Die mutigen Bürgerinnen und Bürger in Leipzig haben an diesem Tag die Welt verändert", sagte er. Es sei ihnen darum gegangen, "Unfreiheit, Angst und Stasi-Willkür zu überwinden. "Es ging ihnen um Würde", betonte Scholz.
Der Bundeskanzler nannte es "unerträglich", wie Populisten und Extremisten den Slogan "Wir sind das Volk" heute missbrauchen würden. Es sei ein "Hohn" und "eine unerträgliche Verachtung" für den Mut der Protestierenden von damals, "wenn sich heute die Feinde der Demokratie auf den 9.Oktober berufen, um unsere Demokratie zu bekämpfen", sagte Scholz.
Er räumte ein, dass bei der Wiedervereinigung nicht alles gelungen sei. "Wenn wir heute 35 Jahre Friedliche Revolution feiern, dann feiern wir keine perfekte Einheit, schon gar nicht vollständige Einigkeit", sagte Scholz im Gewandhaus. "Wir feiern nicht, dass uns alles gelungen ist, sondern wir feiern, wie viel uns trotz allem gelungen ist."
Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin und Stasi-Unterlagenbeauftragte Marianne Birthler erinnerte in ihrer Festrede an den Freiheitsgedanken aus Wendezeiten und verwies zugleich auf das aktuelle Schicksal politischer Gefangener in Weißrussland und den von Russland entfesselten Krieg in der Ukraine. "Sorgen wir dafür, dass Putin seinen Krieg gegen die Ukraine verliert", forderte sie unter dem Beifall der Gäste, unter denen auch der Oberbürgermeister von Leipzigs Partnerstadt Kiew, Vitali Klitschko, war.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nannte die Wende 1989 einen "Glücksmoment", den es weiterzuentwickeln gelte. Dazu gehöre auch ein offener Diskurs. "Nur wenn wir bereit sind, unsere Unterschiedlichkeit anzunehmen, werden wir ein Land sein", sagte Kretschmer.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sagte, von der Stadt sei damals "eine Revolution ins Land, in die Welt" gegangen. Der 9. Oktober 1989 sei "der Durchbruch" gewesen.
Für Mittwochnachmittag lud die Nikolaikirche, die 1989 Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen war, zum traditionellen Friedensgebet ein. Anschließend wurden tausende Menschen zu einem großen Lichtfest in der Innenstadt erwartet, bei dem die historische Demonstrationsstrecke mit Lichtinstallationen illuminiert werden sollte.
A.Magalhes--PC