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Kritik an Israel nach Tod von UN-Helfern bei Angriff auf Schulkomplex im Gazastreifen
Der israelische Angriff auf einen Schulkomplex im Gazastreifen hat international entsetzte Reaktionen ausgelöst. Die Bundesregierung und die UNO erklärten, der Tod von sechs Mitarbeitern des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA bei dem Angriff vom Mittwoch sei "inakzeptabel". US-Außenminister Antony Blinken ermahnte Israel am Donnerstag, "dass humanitäre Standorte geschützt" werden müssten. Zugleich warf er der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas vor, die Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.
Israel hatte nach palästinensischen Angaben am Mittwoch die vom UNRWA betriebene Al-Jawni-Schule in der Flüchtlingssiedlung Nuseirat angegriffen, wo zahlreiche Bewohner des Gazastreifens Zuflucht gesucht haben. Nach neuen Angaben des Zivilschutzes im Gazastreifen wurden dabei "18 Bürger, darunter zwei UNRWA-Mitarbeiter, Kinder und Frauen, getötet". Außerdem gebe es 18 Verletzte, erklärte der Sprecher des Zivilschutzes im Gazastreifen, Mahmud Bassal, am Donnerstag im Onlinedienst Telegram.
UNRWA sprach von sechs getöteten Mitarbeitern bei Luftangriffen auf die Schule in Nuseirat und ihre Umgebung. Das Hilfswerk erklärte, noch nie seien bei einem einzelnen Angriff so viele Beschäftigte des Hilfswerks getötet worden. Darunter seien auch "der Leiter der UNRWA-Unterkunft und andere Team-Mitglieder, die Vertriebenen helfen", hieß es.
"Humanitäre Hilfskräfte sollten niemals Opfer von Raketen werden", erklärte das Auswärtige Amt in Berlin im Onlinedienst X auf Englisch. Der Tod von sechs Mitarbeitern des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA bei dem Beschuss einer Schule in Nuseirat sei "vollkommen inakzeptabel".
Es sei notwendig, "dass humanitäre Standorte geschützt werden, und das ist ein Thema, das wir gegenüber Israel immer wieder ansprechen", sagte indes US-Außenminister Antony Blinken. Er wies der Hamas allerdings auch eine gewisse Verantwortung zu: "Wir sehen weiterhin, wie sich die Hamas an diesen Standorten versteckt, sie übernimmt und sie anderweitig für ihre Operationen nutzt." Die Geschehnisse würden die Dringlichkeit unterstreichen, eine Waffenruhe zu erreichen.
Der EU-Außenbeauftrage Josep Borrell zeigte sich "empört" und erklärte im Onlinedienst X, die "Missachtung der Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts, insbesondere des Schutzes von Zivilisten, kann und sollte von der internationalen Gemeinschaft nicht akzeptiert werden".
UNRWA-Chef Philippe Lazzarini gab an, dass bereits mindestens 220 Mitarbeiter des Hilfswerks im Gaza-Krieg getötet worden seien. "Was in Gaza passiert, ist völlig inakzeptabel", erklärte UN-Generalsekretär António Guterres am Mittwochabend auf X.
Der israelische UN-Botschafter Danny Danon warf Guterres daraufhin vor, die Realität zu verzerren. "Es ist unfassbar, dass die UNO Israel weiterhin in seinem gerechten Krieg gegen Terroristen verurteilt, während die Hamas weiterhin Frauen und Kinder als menschliche Schutzschilde benutzt", schrieb Danon in den Onlinemedien.
Die israelische Armee sprach von einem "gezielten" Angriff auf "Terroristen", die sich in einem Kommandozentrum der Hamas auf dem Schulgelände aufgehalten hätten. Zu den Zielpersonen und zum Ausgang des Angriffs machte die Armee zunächst keine Angaben.
Überlebende des Angriff versuchten vor Ort, Leichen und Habseligkeiten aus den Trümmern zu bergen. Sie hätten über "zerfetzte Gliedmaßen" steigen müssen, sagten sie der Nachrichtenagentur AFP. "Ich kann kaum aufstehen", sagte ein Mann, der eine Plastiktüte mit menschlichen Überresten in der Hand hielt.
Weiter im Norden des Gazastreifens wurden nach Angaben von Zivilschutzsprecher Bassal in der Nacht zu Donnerstag drei Menschen bei Beschuss der Flüchtlingssiedlung Dschabalia getötet. In der Stadt Gaza habe es zwei tödliche Angriffe im Stadtteil Seitun gegeben, gab Bassal an: Beim ersten seien fünf Menschen getötet worden, darunter zwei Kinder; beim zweiten Angriff habe es zwei Tote gegeben und mehrere Verletzte.
Israel und die im Gazastreifen herrschende Hamas befinden sich seit elf Monaten im Krieg. Dieser war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Kämpfer der Hamas und anderer militanter Palästinensergruppen hatten dabei in mehreren Orten im Süden Israels nach israelischen Angaben 1205 Menschen getötet und 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 41.100 Menschen getötet.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben im Gazastreifen seit Beginn des Krieges tausende Menschen so schwere Verletzungen erlitten, dass jahrelange Rehabilitationsmaßnahmen nötig sind. Parallel dazu gebe es allerdings eine "anhaltende Dezimierung des Gesundheitssystems", erklärte der WHO-Repräsentant für die Palästinensergebiete, Richard Peeperkorn.
Auch im seit 1967 von Israel besetzten Westjordanland hat sich die Lage seit dem Beginn des Krieges deutlich verschärft. In der vergangenen Woche war eine US-türkische Aktivistin bei einer Demonstration gegen israelische Siedlungen im Ort Beita nahe Nablus durch einen Schuss in den Kopf getötet worden.
Die Türkei leitete nach eigenen Angaben eine Untersuchung ein. Außerdem werde sich die Türkei bei der UNO für unabhängige Ermittlungen zum Tod der 26-jährige Aysenur Ezgi Eygi einsetzen, teilte Justizminister Yilmaz Tunc mit.
P.Sousa--PC