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Mehr als 50 Tote und 270 Verletzte bei russischem Angriff im ukrainischen Poltawa
Bei einem der verheerendsten russischen Angriffe seit Kriegsbeginn sind in der zentralukrainischen Stadt Poltawa nach ukrainischen Angaben mindestens 51 Menschen getötet worden. "Die Zahl der Verletzten ist 271", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstag in seiner abendlichen Videobotschaft. Die Raketen hatten ein Ausbildungszentrum des Militärs und ein Krankenhaus getroffen.
"Wir wissen, dass sich Menschen unter den Trümmern des zerstörten Gebäudes befinden", sagte Selenskyj. Es werde "alles getan, um so viele Leben wie möglich zu retten". Er habe eine "vollständige und sofortige Untersuchung" angeordnet, betonte Selenskyj.
Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums waren die beiden Raketen kurz nach dem Beginn des Luftalarms eingeschlagen, als viele Menschen noch auf dem Weg in die Luftschutzbunker waren. In Onlinediensten und Lokalmedien wurde die Bevölkerung zum Blutspenden und zur Hilfe bei der Versorgung der Verletzten aufgerufen.
Poltawas Gouverneur Philip Pronin sagte am Abend, bis zu 18 Menschen würden noch unter den Trümmern vermutet. Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte mit, 25 Menschen seien gerettet worden, elf davon wurden demnach aus den Trümmern geborgen.
Nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj hatten die Raketen "eine Bildungseinrichtung und ein benachbartes Krankenhaus" in Poltawa getroffen. "Ein Gebäude des Instituts für Kommunikation wurde teilweise zerstört", erklärte Selenskyj im Onlinedienst Telegram.
Poltawa liegt rund 300 Kilometer östlich von Kiew und hatte vor dem Krieg etwa 300.000 Einwohner. Das getroffene militärische Institut für Kommunikation wurde in den 1960er Jahren gegründet, als die Ukraine noch zur Sowjetunion gehörte, und bildet Telekommunikationsspezialisten aus.
"Das Fenster flog auf. Überall war Staub. Ich hatte gerade noch Zeit, meine Schwester vor der Rakete zu warnen", sagte die Anwohnerin Jewgenija Tschyrwa.
Bundesaußenministerium Annalena Baerbock (Grüne) schrieb im Onlinedienst X, die zweite Rakete sei eingeschlagen "als Helfende bereits die Verletzten versorgten". Der russische Präsident Wladimir Putin kenne "keine Grenze der Brutalität". "Er gehört zur Rechenschaft gezogen", forderte Baerbock. Der britische Außenminister David Lammy schrieb auf X, der Angriff in Poltawa sei ein weiterer "widerlicher Akt der Aggression in Putins abscheulichem und illegalem Krieg in der Ukraine".
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, erklärte, der Angriff sei "eine weitere schreckliche Erinnerung an Putins Brutalität gegenüber dem ukrainischen Volk".
In der Ukraine wurde nach dem Angriff aber auch scharfe Kritik an der ukrainischen Militärführung laut. Russische Militärblogger hatten berichtet, der Angriff habe einer Militärzeremonie unter freiem Himmel gegolten. Kritisiert wurde daher, warum es trotz der Gefährdung durch russische Angriffe derartige Versammlungen gibt. "Wie kann es sein, dass eine so große Anzahl von Menschen in einer solchen Einrichtung zusammenkommen kann?", kritisierte etwa der ukrainische Militärblogger Sergej Naumowich.
Die Parlamentsabgeordnete Mariana Besugla, die dem Verteidigungsausschuss angehört und die ukrainische Militärführung schon oft kritisiert hat, warf hochrangigen Offizieren vor, die Soldaten durch derartige Veranstaltungen zu gefährden. Bei Telegram erklärte sie, es habe in der Vergangenheit schon ähnliche Vorfälle gegeben. Bisher sei aber kein ranghoher Offizier für die Gefährdung der Soldaten bestraft worden.
Poltawas Gouverneur Pronin erklärte, seine Verwaltung könne aus Sicherheitsgründen keine näheren Angaben zu den Umständen des Angriffs machen. "Der Feind nutzt jedes Mittel, um der Ukraine mehr Leid zuzufügen und die Ukrainer zu verwirren. Bitte vertrauen Sie nur zuverlässigen Quellen", betonte er.
Selenskyj erklärte, er habe "eine umfassende und schnelle Untersuchung" der Umstände des Angriffs in Poltawa angeordnet. Er kündigte an, Russland "zur Rechenschaft zu ziehen", und forderte die westlichen Verbündeten Kiews erneut auf, seinem Land schnell neue Luftabwehrsysteme zu liefern und bereits gelieferte weitreichende Waffen für Angriffe auf russisches Territorium nutzen zu dürfen.
H.Portela--PC