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Trotz Erschütterung über Tod von Geiseln: Israel bleibt im Kampf gegen die Hamas hart
Auch nach der Erschütterung über den Fund von sechs getöteten Hamas-Geiseln im Gazastreifen bleibt Israels Regierung im Kampf gegen die Palästinenserorganisation hart: Die Armee setzte ihre Einsätze im Gazastreifen sowie im besetzten Westjordanland am Dienstag fort. Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Montagabend zwar um "Verzeihung" für die nicht gelungene Rettung der Geiseln gebeten, aber zugleich angekündigt, bei den Verhandlungen über ein Waffenruhe-Abkommen mit der Hamas hart zu bleiben.
Wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete, sprengten israelische Soldaten in der Stadt Gaza am Dienstag mehrere Häuser. Die von der Hamas kontrollierte Zivilschutzbehörde im Gazastreifen erklärte, bei einem Angriff auf ein Vertriebenenlager in Chan Junis im Süden des Palästinensergebietes seien zwei Menschen getötet worden, darunter ein Kind. Auch aus anderen Gebieten im Süden und im Zentrum des Gazastreifens wurden Luft- und Artillerieangriffe gemeldet.
Im Westjordanland griff die israelische Luftwaffe nach eigenen Angaben am Montagabend eine "bewaffnete terroristische Zelle" in Tulkarem an. Aus palästinensischen Ärztekreisen hieß es dagegen, die israelischen Soldaten hätten einen 15-jährigen Jungen getötet.
Am Mittwoch vergangener Woche hatte Israels Armee im nördlichen Westjordanland einen Großeinsatz begonnen und von Aktionen zur "Terrorismusbekämpfung" gesprochen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden dabei mittlerweile mindestens 27 Palästinenser getötet.
Die israelische Regierung steht wegen ihres militärischen Vorgehens im Gazastreifen und im Westjordanland im In- und Ausland in der Kritik. Diese hat noch zugenommen, nachdem am Wochenende im Gazastreifen sechs getötete Hamas-Geiseln gefunden wurden. Am Sonntag und Montag gab es in Israel Massenproteste gegen die Regierung.
Netanjahu bat am Montagabend um "Verzeihung", dass keine Rettung der Geiseln gelungen sei. Er kündigte aber zugleich an, bei den Verhandlungen mit der Hamas hart bleiben zu wollen. Statt Zugeständnissen sei "maximaler Druck auf die Hamas" notwendig.
Mit Blick auf das lange geforderte Waffenruhe-Abkommen betonte Netanjahu, Israel müsse die Kontrolle über das Gebiet an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten behalten. Israels Rückzug aus dem sogenannten Philadelphi-Korridor gehört zu den zentralen Streitpunkten bei den Verhandlungen, die nicht nur eine Waffenruhe im Gazastreifen, sondern auch die Freilassung aller verbliebenen Geiseln zum Ziel haben.
Die Hamas drohte am Montagabend, die in den Gazastreifen verschleppten Geiseln würden "in Särgen" zurückkehren, wenn Israel weiterhin militärischen Druck ausübe.
Der Nahost-Experte Mairav Zonszein von der International Crisis Group sagte, Netanjahu habe mit seinen Äußerungen im Grunde klargemacht, "dass es keinen Geisel-Deal geben wird". Er habe sich zudem "offener" als bisher für einen dauerhaften Verbleib israelischer Soldaten im Gazastreifen ausgesprochen. Die israelische Zeitung "Haaretz" analysierte, Netanjahu gehe es in erster Linie um sein eigenes politisches Überleben. Mit angeblichen "Sicherheitsbedenken" versuche er von dem wirklichen Motiv abzulenken, dass "seine Koalition auseinanderbrechen könnte, wenn ein Gaza-Abkommen zustande kommt".
Bei ihrem Großangriff auf zahlreiche Orte im Süden Israels hatten Hamas-Kämpfer am 7. Oktober nach israelischen Angaben 1205 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Knapp elf Monate später befinden sich nach israelischen Angaben noch immer 97 Geiseln in der Gewalt der Hamas und anderer militanter Palästinensergruppen, 33 von ihnen sind demnach vermutlich tot.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach neuen Angaben der Hamas-Gesundheitsbehörde, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei seit Oktober mehr als 40.800 Menschen getötet.
Eine großangelegte Impfkampagne im Gazastreifen, die nach dem ersten Fall von Kinderlähmung im Gazastreifen seit einem Vierteljahrhundert begonnen hatte, kommt nach Angaben des Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterdessen besser voran als gedacht. Am Sonntag und Montag hätten schon mehr als 161.000 Kinder eine erste Impfdosis erhalten, sagte der WHO-Vertreter für die Palästinensergebiete, Rik Peeperkorn, am Dienstag. Damit sei das Ziel der WHO "übertroffen" worden.
L.Henrique--PC