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Höckes AfD stärkste Kraft in Thüringen - Regierungsbildung ungewiss
Die AfD hat bei der Wahl in Thüringen ein historisches Ergebnis erzielt: Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wurde eine als rechtsextremistisch eingestufte Partei am Sonntag stärkste Kraft bei einer Landtagswahl. Die von Björn Höcke geführte AfD landete mit 32,9 Prozent bis 33,2 Prozent auf dem ersten Platz. Eine Regierungsbeteiligung dürfte ihr allerdings wegen des Widerstands der anderen Parteien verwehrt bleiben. Klare Mehrheitsverhältnisse im Erfurter Landtag lässt das Ergebnis der Wahl nicht zu.
Die CDU folgt mit klarem Abstand zur AfD auf Platz zwei, das von Sahra Wagenknecht gegründete BSW kam aus dem Stand auf Platz drei. Große Verlierer waren die bislang regierende Linke und sowie die Ampel-Parteien: Die Kanzlerpartei SPD erzielte in Thüringen ihr schlechtestes Ergebnis bei einer bundesdeutschen Landtagswahl überhaupt und wird nur noch die kleinste Fraktion stellen.
Damit steht Thüringen abermals vor einer äußerst schwierigen Regierungsbildung. Die Parteien im Erfurter Landtag werden dafür neue Wege gehen müssen, weil keine der bislang auf Ebene der Bundesländer erprobte Koalitionsoptionen dort eine Mehrheit hätte.
AfD-Landeschef Björn Höcke reklamierte die Führung der nächsten Regierung für seine Partei - allerdings will keine der anderen Parteien mit der AfD koalieren. Eine CDU-geführte Regierung wäre auf Unterstützung durch das BSW - und voraussichtlich durch die Linkspartei angewiesen. Letzterem steht aber das CDU-Bundesparteitag 2018 beschlossene Kooperationsverbot mit der Linken entgegen.
Auf Platz zwei hinter der AfD landete die von Mario Voigt geführte CDU mit 23,6 bis 23,7 Prozent. Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow verlor mehr als die Hälfte ihres Stimmenanteils und landete mit 12,7 bis 12,9 Prozent noch hinter der Wagenknecht-Partei BSW. Der BSW-Landesverband erreichte mit Spitzenkandidatin Katja Wolf mit 15,6 Prozent der Stimmen auf Anhieb Platz drei.
Die im Bund regierenden Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP erzielten in Thüringen durchweg nur einstellige Werte. Die Kanzlerpartei SPD musste mit 6,0 Prozent bis 6,1 Prozent ihr bislang schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit Gründung der Bundesrepublik hinnehmen. Grüne und FDP verpassten den Wiedereinzug in den Erfurter Landtag.
Die Mandatsverteilung im künftigen Landtag dürfte laut Hochrechnungen so aussehen: AfD 32 Mandate, CDU 23 Mandate, BSW 15 Mandate, Linke zwölf Mandate und SPD sechs Mandate.
Neben Höcke reklamierte auch CDU-Chef Voigt die Bildung einer neuen Regierung für sich. Voigt kündigte an, andere Parteien zu Gesprächen über die Regierungsbildung einzuladen - als erstes die SPD. Die CDU sei im künftigen Landtag "die stärkste Kraft der Mitte", sagte er. Er strebe eine "Mehrheitsregierung beziehungsweise eine stabile Regierung" an.
Allerdings schließt die CDU auf Grundlage von Parteitagsbeschlüssen Koalitionen mit AfD und Linkspartei aus. "Daran halten wir uns", auch in der Frage einer Zusammenarbeit mit der thüringischen Linken, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im ZDF.
AfD-Landeschef Höcke warnte davor, seine vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei bei der Regierungsbildung zu umgehen. "Ich kann davor nur warnen", sagte Höcke. "Jede Konstellation, an der die AfD nicht beteiligt ist, wird diesem Land nicht gut tun."
Eine besondere Herausforderung im neuen thüringischen Landtag wird darin bestehen, dass die AfD voraussichtlich eine Sperrminorität von einem Drittel der Sitze erreichte - sie hätte damit eine Art Veto etwa bei der Entscheidung des Thüringer Landtags über Neuwahlen oder bei der Besetzung von Richterposten.
Landeschef Höcke forderte die anderen Parteien am Abend auf, mit der AfD ins Gespräch zu kommen. "Wir wollen diese Sperrminorität auf keinen Fall missbrauchen", sagte er zu. Höcke kritisierte dabei "das dämliche Brandmauergerede", mit dem andere Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD bislang ausschließen.
BSW-Chefin Wagenknecht zeigte sich offen für eine Regierungsbildung mit der CDU. "Wir hoffen, dass wir am Ende eine gute Regierung mit der CDU zustande bringen, vielleicht auch mit der SPD", sagte sie.
Der bisherige Ministerpräsident Ramelow - der einzige Linken-Regierungschef auf Landesebene - räumte seine Niederlage ein. Er werde die Bildung einer demokratischen Regierung ohne AfD unterstützen: "Ich kämpfe nicht gegen die CDU, ich kämpfe gegen die Normalisierung von Faschismus", sagte Ramelow.
Die Wahlbeteiligung in Thüringen lag laut ZDF bei 74 Prozent - deutlich höher als bei der letzten Landtagswahl 2019 mit 64,9 Prozent gelegen.
V.Fontes--PC