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EU streitet über Israel-Sanktionen und kassiert Schelte aus Kiew
Für EU-Sanktionen gegen israelische Regierungsmitglieder zeichnet sich nicht der nötige Konsens ab. Ungarn und Italien wiesen am Donnerstag beim informellen Außenministertreffen in Brüssel den Vorschlag des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zurück, zwei israelische Minister wegen "Hassbotschaften gegen Palästinenser" zu maßregeln. Zentrales Thema des Treffens waren die russischen Luftangriffe auf die Ukraine. Außenminister Dmytro Kuleba berichtete über die Lage und kritisierte die europäischen Hilfen als zu schleppend. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warf Russland vor, einen "Kältekrieg" gegen die Ukraine zu planen.
Borrell hatte kurz vor dem Außenrat vorgeschlagen, Israels Finanzminister Bezalel Smotrich sowie Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir auf die EU-Sanktionsliste setzen. Das hätte Einreisesperren und das Einfrieren von in Europa vorhandenem Vermögen zur Folge.
Smotrich hatte Anfang August gesagt, Hunger sei eine zulässige Waffe gegen die zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen. Ben Gvir sagte, er würde auf dem Tempelberg in Jerusalem am liebsten eine Synagoge errichten - ein Affront gegen Muslime, denen der Ort ebenfalls heilig ist. Beide Minister gehören dem Rechtsaußen-Lager an.
Ungarn und Italien, die enge Beziehungen zur Regierung von Benjamin Netanjahu unterhalten, kündigten Widerstand gegen den Sanktionsvorstoß an. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto sprach in einer Videobotschaft von einem "gefährlichen Vorschlag". Er belaste die Beziehungen zu Israel und "würde die Sicherheit und die langfristige Stabilität des Nahen Ostens eindeutig gefährden".
Italiens Außenminister Antonio Tajani sagte, Borrells Vorschlag sei nicht "der richtige Weg, um Israel davon zu überzeugen, ein Abkommen mit den anderen Parteien in Kairo zu schließen". Tajani spielte damit auf die laufenden Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen an.
Das als Palästinenser-nah geltende Irland signalisierte dagegen Zustimmung zu Borrells Vorschlag, Spanien äußerte sich dagegen zurückhaltend - ebenso wie Deutschland. Außenministerin Baerbock verwies auf die nötige Einstimmigkeit für einen Sanktionsbeschluss. Bisher hat die EU gewaltbereite israelische Siedler sowie Mitglieder der radikalislamischen Hamas mit Sanktionen belegt.
Borrell gehört zu den Israel-kritischsten Vertretern in der EU, was ihn in den Augen der Netanjahu-Regierung unglaubwürdig macht. Der 77-jährige Spanier gibt das Amt des Außenbeauftragten im Herbst an die bisherige estnische Regierungschefin Kaja Kallas ab, die im Nahost-Konflikt als gemäßigter gilt.
Die UN-Beauftragte für humanitäre Hilfen im Gazastreifen, Sigrid Kaag, appellierte an die Europäer, sich für eine Waffenruhe einzusetzen. Im Gazastreifen gebe es "ein Ausmaß der Zerstörung und menschlichen Leids, das wir im 21. Jahrhundert bisher nicht gesehen haben", betonte sie als Gast bei der Debatte.
Eingeladen hatte Borrell auch den ukrainischen Außenminister Kuleba. Angesichts der jüngsten russischen Luftangriffe kritisierte dieser die Militärhilfen der Europäer als zu langsam. Es gebe teils "exzessiv lange" Zeitabstände zwischen Ankündigungen und Lieferungen - etwa bei Patriot-Systemen, rügte Kuleba.
Bei Baerbock hakte Kuleba auch wegen der deutschen Hilfen nach. Für das kommende Jahr hat die "Ampel" wegen Budgetzwängen nur noch vier Milliarden Euro für Kiew veranschlagt, halb so viel wie in diesem Jahr. Borrell hatte dies "sehr besorgniserregend" genannt.
Baerbock bestätigte ihrerseits, dass Berlin bis zum Jahresende vier weitere Luftabwehrsysteme vom Typ Iris-T liefern will sowie Gepard-Flugabwehrpanzer. Dies trage bei zum "Schutzschirm" gegen den "Kältekrieg" von Kreml-Chef Wladimir Putin, sagte Baerbock. Dieser greife gezielt Infrastruktur zur Wärme- und Wasserversorgung in der Ukraine an - "mit dem Ziel, dass im Winter dann die Menschen im Zweifel erfrieren".
An dem Rat nahmen zudem der türkische Außenminister Hakan Fidan teil sowie per Videoschalte der venezolanische Oppositionsführer Edmundo González Urrutia. Ursprünglich war das erste diplomatische Treffen nach der Sommerpause in Budapest geplant gewesen Borrell hatte es nach dem viel kritisierten Besuch des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban bei Putin in Moskau aber kurzerhand nach Brüssel verlegt.
A.Magalhes--PC