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Slowakei: Regierungschef Fico nach Attentat weiterhin in "sehr ernstem Zustand"
Nach dem Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico ist der Gesundheitszustand des 59-Jährigen weiterhin "sehr ernst". Dies gab Vize-Regierungschef Robert Kalinak am Donnerstag bekannt und verwies zugleich darauf, dass sich der Zustand Ficos stabilisiert habe. Er stufte die Tat als politisch motiviert ein. Der designierte slowakische Präsident Peter Pellegrini forderte eine Unterbrechung des EU-Wahlkampfs im Land. Die amtierende Staatschefin Zuzana Caputova rief dazu auf, dem "Teufelskreis des Hasses" in der Slowakei ein Ende zu setzen.
"Während der Nacht ist es den Ärzten gelungen, den Zustand des Patienten zu stabilisieren", sagte Kalinak, der zugleich Verteidigungsminister ist, am Donnerstagmorgen bei einer Pressekonferenz vor dem Krankenhaus in Banska Bystrica, in dem Fico behandelt wird. "Leider ist der Zustand immer noch sehr ernst, da die Verletzungen kompliziert sind", fügte er hinzu.
Nach Angaben der Krankenhauschefin Miriam Lapunikova musste sich Fico einer fünfstündigen Operation unterziehen. Er befinde sich weiterhin in einem "wirklich sehr ernsten" Zustand und bleibe auf der Intensivstation, sagte sie.
Vize-Regierungschef Tomas Taraba hatte zuvor bereits gesagt, dass die Notoperation des schwer verletzten Ministerpräsidenten offenbar gut verlaufen sei. Fico sei derzeit außer Lebensgefahr, sagte Taraba am späten Mittwochabend der BBC. "Ich denke, dass er am Ende überleben wird."
Fico war am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in der Kleinstadt Handlova im Zentrum des Landes von mehreren Schüssen getroffen worden, als er sich nach der Sitzung mit Bürgern unterhielt. Er wurde per Hubschrauber in ein Krankenhaus in der Stadt Banska Bystrica geflogen.
Der mutmaßliche Attentäter wurde festgenommen. Innenminister Matus Sutaj Estok bestätigte Medienberichte, wonach es sich bei dem Verdächtigen um einen 71-jährigen Schriftsteller aus dem Zentrum der Slowakei handele.
Der Sohn des Mannes sagte dem slowakischen Nachrichtenportal "aktuality.sk", sein Vater besitze legal eine Waffe. Auf die Frage, ob sein Vater Hass auf Regierungschef Fico verspüre, antwortete er: "Er hat ihn nicht gewählt, mehr kann ich dazu nicht sagen." In einem vor acht Jahren im Internet veröffentlichten Video hatte der Tatverdächtige gesagt: "Die Welt ist voller Gewalt und Waffen. Die Menschen scheinen verrückt zu werden."
Vize-Regierungschef Kalinak bezeichnete die Tat als einen "politisch motivierten Angriff". Ficos Verbündeter Pellegrini rief alle slowakischen Parteien auf, "ihren Europawahlkampf vorübergehend auszusetzen oder deutlich einzuschränken". Das Land könne sich derzeit keine weiteren Konfrontationen oder gegenseitige Beschuldigungen erlauben, sagte er bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit der amtierenden Präsidentin Caputova.
Caputova sagte, die Slowakei müsse aus dem "Teufelskreises des Hasses und der gegenseitigen Beschuldigungen" herauskommen. "Was gestern passiert ist, war eine individuelle Tat, aber die angespannte Atmosphäre des Hasses ist unser gemeinsames Werk", betonte Caputova, die ihr Amt im Juni abgibt.
Das Attentat hatte auch international für Entsetzen gesorgt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb am Mittwoch im Onlinedienst X von einem "feigen Attentat" und ergänzte, Gewalt dürfe keinen Platz haben in der europäischen Politik. "Gewalt ist ein Angriff auf unsere Demokratie - egal woher sie kommt, welcher Partei man angehört, ganz egal wo", schrieb Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf X. US-Präsident Joe Biden sprach von einem "schrecklichen Akt der Gewalt".
Der Politikexperte Miroslav Radek warnte, der Angriff auf Fico könne zu einer "weiteren Radikalisierung von Einzelpersonen und Politikern in der Slowakei" führen. "Ich befürchte, dass diese Attacke nicht die letzte gewesen sein wird", sagte Radek der Nachrichtenagentur AFP.
In der zentralslowakischen Stadt Levice, aus der der mutmaßliche Schütze stammt, zeigten sich die Bewohner betroffen vom Angriff auf Fico. "Aber gleichzeitig ist er derjenige, der Hass sät und die Gesellschaft spaltet", sagte der 34-jährige Ingenieur Jaroslav Pirozak über den Regierungschef.
Der pro-russische Populist Fico war bereits von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 slowakischer Regierungschef. 2018 musste er nach der Ermordung des Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter zurücktreten.
Kuciak hatte zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und Ficos Regierungspartei recherchiert. Die Bluttat und die posthume Veröffentlichung eines Artikels von Kuciak lösten damals Massendemonstrationen gegen die slowakische Regierung aus.
Als Fico im Oktober 2023 Regierungschef wurde, stoppte er die Militärhilfe der Slowakei für Kiew und stellte die Souveränität der Ukraine in Frage. Zuletzt sorgte die von seiner Regierung beschlossene Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für Massenproteste. Journalistenverbände und Oppositionsvertreter kritisierten, dass durch die Reform die Pressefreiheit untergraben werde.
T.Resende--PC