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Karlsruhe: Geständnis muss bei Deal in kompliziertem Strafprozess überprüft werden
Auch bei einer Absprache in einem Strafprozess, einer sogenannten Verständigung, muss das Recht auf ein faires Verfahren gewährt bleiben. Dazu kann beispielsweise gehören, dass ein Geständnis bei komplizierter Sachlage überprüft wird, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe hervorgeht. (Az. 2 BvR 2103/20)
Das Gericht gab der Verfassungsbeschwerde eines Manns statt, der wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Es ging um die Beschäftigung von ausländischen Arbeitern auf dem Bau, für die laut Urteil keine Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern gezahlt worden waren.
Über den Fall verhandelte zunächst das Amtsgericht in Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt. Dieses schlug einen Deal vor: Bei einem Geständnis sicherte es eine Bewährungsstrafe zwischen einem Jahr und 15 Monaten zu. Der Verteidiger und die Staatsanwaltschaft stimmten zu. Der Verteidiger erklärte, dass sein Mandant die Tatvorwürfe aus der Anklage bestätige und der Angeklagte selbst sage: "Das ist richtig so."
Es gab keine Beweisaufnahme, um die Erklärung zu überprüfen und den Sachverhalt weiter aufzuklären. Der Angeklagte wurde zu 15 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Er wandte sich daraufhin an das Oberlandesgericht Naumburg. Auch die dortige Generalstaatsanwaltschaft beantragte, den Fall neu aufzurollen. Das Oberlandesgericht erklärte die Feststellungen des Amtsgerichts aber für ausreichend, woraufhin der Mann Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einlegte.
Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass ihn die Urteile in seinem Recht auf ein faires Verfahren verletzten. Das Amtsgericht hätte zwingend zusätzlich zum Geständnis Beweise erheben müssen, vor allem weil das Verfahren komplex sei und die Qualität des Geständnisses gering. Das Verfassungsgericht verwies den Fall zurück an das Amtsgericht.
In einem weiteren Fall gab es dem Beschwerdeführer teilweise recht. Auch hier ging es um die Absprache in einem Strafprozess in Sachsen-Anhalt, diesmal vor dem Amtsgericht Magdeburg, der wegen des Vorwurfs der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei geführt worden war und mit der Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe geendet hatte.
Der Beschwerdeführer wandte sich an das Oberlandesgericht Naumburg und gab an, dass er nur über das Ergebnis der Verständigung, nicht aber über weitere Einzelheiten informiert worden sei. Dieses verwarf seine Revision.
Dabei habe es aber die Bedeutung und Tragweite des Rechts auf ein faires Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt, erklärte das Verfassungsgericht. Bei einer Verständigung müsse der Vorsitzende Richter deren Gegenstand und wesentlichen Inhalt mitteilen. Das Oberlandesgericht muss sich nun noch einmal mit dem Fall befassen.
P.Cavaco--PC